Entspannte Auszeit vom Kampf ums Recht
1. DVG e.V.-Familientag am 22.05.2022 in Versmold-Hesselteich bei Udo Raabe
- Verein
Ein großes, naturnahes Grundstück in Hessleteich, Süßes vom Kuchenbüffet, Herzhaftes vom Grill und dazu anregte Gespräche in lockerer Runde: Die entspannte Atmosphäre, die bei ihrem beim ersten Familientag herrschte, ist für die Regionalgruppen Osnabrücker Land und Altkreis Halle / Gütersloh des Vereins der Direktversicherungsgeschädigten (DVG e.V. ) eher die Ausnahme. Denn sie eint der Kampf für ihr Recht. Und der führt die Verbandsvertreter regelmäßig bis zu den höchsten politischen Stellen.
Direktversicherungsgeschädigt – was heißt das überhaupt? Erwin Tischler, Sprecher des Aktivteams der Regionalgruppe Osnabrücker Land, ist einer dieser Geschädigten.
Als Mitarbeiter eines großen Autokonzerns ergriff er die Chance, für sein Alter vorzusorgen – mit 200 Mark im Monat für eine Direktversicherung, eine arbeitnehmerfinanzierte Kapitallebensversicherung, die aus dem Gehalt gespeist und deren Beitrag monatlich vom Arbeitgeber an die Lebensversicherungsgesellschaft überwiesen wurde. Wie bei Lebensversicherungen üblich, war von Anfang an die Einmal-Zahlung im Erlebensfall zum 60. Lebensjahr vereinbart.
Betriebsrenten waren schon immer beitragspflichtig zur gesetzlichen Krankenversicherung, allerdings nur mit dem Arbeitnehmeranteil, also dem halben Beitrag. Pflegeversicherung gab es damals ja noch gar nicht.
Einmalzahlungen von Betriebsrenten waren aber beitragsfrei. Leider nutzten viele Betriebsrentner die Möglichkeit, ihren Arbeitgeber zu bitten, ihre Betriebsrente in einem Gesamtbetrag vorab an sie auszuzahlen. Damit waren diese Einmalzahlungen ( nach der Rechtslage von 2003 ) kranken- und pflegeversicherungsfrei!
Da der GKV ( gesetzlichen Rentenversicherung ) 2003 aufgrund der damaligen Arbeitslosigkeit ca. 20 Mrd. an Beiträgen fehlten, suchte die damals rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer nach Möglichkeiten, dieses „Finanzierungsloch“ auszugleichen. Weil Wahlen bevorstanden, hat man sich nicht getraut, eine allgemeine Beitragserhöhung von 0,3 – 0,5 % zu beschließen, sondern hat sich die Gruppe von Betriebsrentnern und Direktversicherten herausgespickt. Bei den Betriebsrentnern wurde der Beitrag „Arbeitnehmer-Anteil“ um den Beitrag „Arbeitgeberanteil“ erhöht – daher „Doppelverbeitragung“ !
Außerdem sollte das „Schlupfloch“ Einmalzahlung von Betriebsrenten geschlossen werden, weil dies ein Umgehungstatbestand war, der bei echten Betriebsrentnern zur Beitragsfreiheit führte.
Diese Möglichkeit haben die gesetzlichen Krankenkassen ( GKV ) ausgenutzt, um auch arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherungen – die keine Betriebsrenten sind und auf dem Wege der Gehaltsumwandlung als Kapitallebensversicherungen über den Betrieb abgeschlossen wurden, zur Kranken- und Pflegeversicherung zu verbeitragen!
Die böse Überraschung kommt für beide – sofern ihre Verträge vor 2004 abgeschlossen wurden – bei der Auszahlung. Denn seit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz ( GMG ) von 2003, in Kraft getreten am 01.01.2004, werden Betriebsrenten mit dem vollen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherungen ( also Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag ) herangezogen – daher Doppelverbeitragung - und sogen. „Einmalzahlungen“ werden mit 1/120 der Auszahlungssumme als fiktiver „Versorgungsbezug“ zur monatlichen Beitragszahlung für 10 Jahre herangezogen.
Leider wurden dabei auch die arbeitnehmerfinanzierten, durch Gehaltsumwandlung gespeisten Direktversicherungen von den gesetzlichen Krankenkassen erfaßt, obwohl die vom Gesetzgeber eigentlich nicht vorgesehen war.
Diese Rechtsbeugung wurde allerdings weder von der Politik, noch von den Sozialgerichten, noch vom Bundessozialgericht, noch vom Bundesverfassungsgericht erkannt und entsprechend geurteilt. Es wurde nur darauf geschaut, ob die Versicherung „im betrieblichen Zusammenhang“ abgeschlossen wurde, es spielte keine Rolle, ob der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber die Beiträge bezahlt hatte.
Privat „im Wohnzimmer“ abgeschlossene Lebensversicherungen blieben beitragsfrei, ebenso beitragsfrei war und ist, wer nicht gesetzlich krankenversichert ist, sonder Mitglied einer privaten Krankenversicherung ist.
Wer aber eine Direktversicherung über den Betrieb abgeschlossen hat, muß 10 Jahre lang auf ein 120stel der Auszahlungssumme ca. 18,5 % Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bezahlen, was auch ein klarer Fall von „Doppelverbeitragung“ ist, weil die Beiträge bereits in der Einzahlungsphase während des aktiven Arbeitslebens bezahlt wurden, jetzt aber bei Auszahlung der Versicherung im Rentenalter nochmals erhoben werden.
Viele Direktversicherungsgeschädigte klagen: Du hast das Geld für die Lebensversicherung als zusätzliches Polster zur Rentenversicherung ( die reicht ja nicht! ) aus deinem Gehalt angespart, also Konsumverzicht geübt.
„Du hast dir nicht alle 2 Jahre ein neues Auto gekauft, weniger Urlaubsreisen unternommen, eben, wie es die Politik so wollte, für das Alter vorgespart. Und weil du so dumm warst, greifen wir dir jetzt in die Tasche“, beschreibt er überspitzt, wie die DVG e.V. das Verhalten des Staates empfindet. Ebenso fragwürdig aus DVG-Sicht: Auch wer Betriebsrente erhält, muss von dieser Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge abführen - nicht aber nur den Arbeitnehmeranteil, sondern ab 2004 auch den Arbeitgeberanteil, was einer Verdoppelung des Beitrags entspricht. Dazu kommt noch, dass der Rentner den vollen Beitragssatz zahlen muss, obwohl er keinen Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Tag der Krankheit hat, die gesetzliche Krankenkasse spart also jede Menge Geld.
Und das betrifft keineswegs nur Einzelfälle. Der Verband schätzt, dass es bundesweit rund 6,3 Millionen Direktversicherungsgeschädigte gibt. Und für die meisten von ihnen hat die Auszahlungsphase noch nicht begonnen. Die Geschädigten kämpfen deshalb nicht nur für sich selbst: „Wir wollen nicht, dass unsere Kinder auch noch davon betroffen werden“, sagt Rainer Ochmann, Mitglied des Bundesvorstandes, der eigens zum Familienfest nach Hesselteich kam.
Dort stand vor allem das Miteinander der Vereinsmitglieder im Vordergrund: „In der Regel arbeiten wir nur sachbezogen. Jetzt können wir uns endlich einmal und unsere Partner kennenlernen.“ Daher auch DVG – Familientag…..